Zugegeben, die wissenschaftliche Definition eines Missing Link ist wohl nicht das, was ich in diesem Zusammenhang damit ausdrücken möchte, aber für mich passt der Begriff trotzdem, wenn ich an Rinder und Pferde auf der Weide denke.
Wie Du weißt, schlägt mein Herz für Wildtiere. Ihr freies und uns Menschen oftmals verborgenes Leben in der Natur hat mich schon als Kind in den Bann gezogen: Wechsel abseits der Wege, intensive Geruchswelten, Geräusche in der Nacht, das Erleben der Jahreszeiten und die tägliche Konfrontation mit dem Wetter, Nahrung und Ruheplätze suchen, Beutegreifern ausweichen, … Das alles macht den Blick auf ein Wildtier für mich spannend.
Wenn ich mit dem Fahrrad durch Wald und Feldmark streife, bin ich mir bewusst, dass ich in einer Kulturlandschaft unterwegs bin. Auch in den abgelegensten Ecken findet sich hier keine Wildnis mehr. Dennoch haben diese verschwiegenen Bereiche ihren besonderen Reiz.
Wo der Wald zurückgedrängt wurde, um am Ende eines holprigen Sandweges eine Weidefläche freizugeben, sät sich die umstehende Waldkiefer am Rande aus und Birkenanflug kommt hoch, wo ihn das Vieh lässt. In den verdichteten Senken stehen Binsen. Ist es in der Gegend moorig-feucht, freuen sich Schwärme von Mücken und Bremsen über meinen unerwarteten Besuch. Die Frühlingssonne erwärmt den torfig dunklen Boden besonders schnell und fast ist es, als spürte ich die aufsteigende warme Luft als leichten Fön an den zerstochenen Beinen. Führe ich mir dieses Bild vor Augen, ruft unweigerlich auch der Kuckuck im Hintergrund.
Auf solchen Weiden steht oft das Jungvieh – oder wie es zumindest früher hieß: die „Jungdinger“. So weit abseits des Dorfes muss das Vieh so manche spannende Begegnung mit Wildtieren haben, denke ich mir immer. Mal ein Fuchs, der mit gebührendem Sicherheitsabstand zwischen den oft übermütigen Rindern durchschnürt, ein andernmal ein Rehbock, der einen Rivalen in rasanten Fluchten aus seinem Revier vertreibt. Nachts kurven dann Fledermäuse entlang der Randbäume und eine Rotte Wildschweine nimmt ungeniert die Abkürzung über die Weide…
All das ist für die jungen Rinder vermutlich längst ein vertrauter Anblick, wenn sie mich jetzt mit denselben großen Augen neugierig anschauen. Das tiefe Schnaufen, das gleichmäßige Grasen und die rhythmisch geschlagenen Schwänze zur Abwehr der Fliegen haben eine unglaublich beruhigende Wirkung, finde ich.
Und während am strahlend blauen Himmel weiße Wolken vorbeiziehen, beneide ich die massigen Tiere vor mir manchmal ein bisschen für die Einblicke, die sie in das Leben der Wildtiere bekommen. Wenn mein Alltag ein paar Kilometer entfernt zwischen Terminen, Telefon und Computer stattfindet, sind sie hier draußen der Missing Link zwischen mir und dem, was im Wald passiert.
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Einfach fantastisch…
Wie lange brauchst du für solch perfektes Bild?
Vielen Dank! Auch diese kleinformatigen Ölbilder entstehen bei mir nicht in einer einzigen Sitzung. Ich beginne ja stets mit den Farben des Schattens und erst wenn da alles stimmt, gehe ich zu den Partien im Licht über. Zwei- bis dreimal ein paar Stunden kommen da schnell zusammen.